Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

10.04.2013   22:22   +Feedback

Loccum hilft der iranischen Zivilgesellschaft auf die Sprünge

Wenn die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eine Konferenz über das Thema: “Neue Politik für Südamerika: Wie kann der Drogenanbau eingedämmt werden!?” organisieren und dazu einen Vertreter des Medellin-Kartells einladen würde, dann würden das sogar die Dealer und Junkies vom Bahnhof Zoo saukomisch finden. Wenn aber die “renommierte” Evangelische Akademie in Loccum eine Konferenz über das Thema „Neue Politik für den Mittleren Osten. Wie kann die iranische Zivilgesellschaft gestärkt werden?“ organisiert und dazu den iranischen Botschafter in Berlin und einen Vertreter des iranischen Außenministeriums einlädt, dann wird wird das vom protestantischen Establishment der Bundesrepublik entweder überhört und übersehen oder so gelassen zur Kenntnis genommen, als hätte Margot Käßmann ihren Führerschein gegen einen Jagdschein eingetauscht. Nur the usual suspects verfassen Resolutionen und Protesterklärungen gegen einen Skandal, über den sich sonst niemand aufregt.

Denn es gibt in diesem Lande ein weit verbreitetes Bedürfnis, sich mit Mördern gemein zu machen. Jürgen Todenhöfer hat den syrischen Präsidenten besucht, Klaus Kleber mit dem iranischen Präsidenten geschmust. Beide sind dabei dermaßen auf der eigenen Schleimspur ausgerutscht, dass man hinterher sowohl den syrischen wie den iranischen Präsidentenpalast von oben bis unten desinfizieren musste.

Nun ist es nicht jedem vergönnt, auf Kosten der Öffentlich-Rechtlichen in der Welt zu jetten. Wenn man den Henker nicht daheim besuchen kann, muss man ihn zu sich ins Haus kommen lassen? Worüber wollen die Loccumer Erben von Martin Luther und Adolf Stoecker mit den Vertretern des iranisches Regimes beraten? Wie die iranische Zivilgesellschaft gestärkt werden kann? Also, wie viele Schwule man gleichzeitig an einem Baukran aufhängen kann? Wie groß die Steine sein müssen, damit eine zum Tode verurteilte Ehebrecherin bei ihrer Hinrichtung nicht zu sehr leidet? Ob Israel oder nur das zionistische Besatzer-Regime von der Landkarte, pardon: von den Seiten der Geschichte verschwinden muss? Ja, da gibt es viele Themen von gegenseitigem Interesse.

Aber: Nichts währt ewig, Gottes Wege sind wunderbar. Auch die iranische Diktatur wird eines Tages vorbei sein, und dann werden sich die braven Protestanten einiges einfallen lassen müssen, um ihre Liebesdienste gegenüber den Mullahs und Ayatollahs zu erklären. Bis heute, 68 Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches, stottern sie immer noch rum und suchen nach einer Erklärungen für ihre Kollaboration mit den Nazis. Dabei hat das Dritte Reich nur 12 Jahre gedauert, die iranische Diktatur ist schon 34 Jahre an der Macht. Selbst der dümmste Loccumer Studienleiter kann sich ausrechnen, wie lange das Nachsitzen dauern wird.

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