Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

08.01.2010   23:15   +Feedback

Rumpelstilzchen rastet aus

Aus dem Umfeld der “jüdischen Stimmen für einen gerechten Frieden” erreichen uns zwei Briefe, die ein Aktivist dieser Massenbewegung an Prof. Schumann geschrieben hat, der seinerseits im Namen der “Scholars for Peace in the Middle East” auf einen Beitrag von Tony Judt in der SZ geantwortet hat. Wir wollen unseren Lesern diese Dokumente der Grauens nicht vorenthalten und stellen sie deswegen online - verbunden mit der Frage: Wer wars? Unter denjenigen, die diese Frage richtig beantworten, wird ein Exemplar des gleichnamigen Kinderspiels ausgelost. (http://de.wikipedia.org/wiki/Wer_war%E2%80%99s%3F)

1. Es ist spät und ich bin müde

Sehr geehrter Herr Schumann,
es fällt mir zwar schwer Sie so anzureden, aber die Pflicht zur Mäßigung und
Höflichkeit erfordert es. Ihr Schreiben an die SZ ist noch unerträglicher
als vieles, das ich in letzter Zeit ertragen musste. Die Tatsache, dass der
SPME weltweit 20 Tausend Mitglieder angehören, in deren Namen Sie sozusagen
geschrieben haben, hat nichts zu sagen. Die NSDAP hatte viel mehr Mitglieder
und dennoch wird kein Mensch heute behaupten, dass sie Recht hatte oder
berechtigte Forderungen stellte.

Auch 20 Tausend jüdische Akademiker können sich irren und die neue Bewegung
von J-Street in den USA zeigt, dass es auch anders denkende gibt.

Ich werde jetzt nicht auf ihre dummen und falschen Argumente eingehen, denn
es ist spät und ich bin müde. Aber ich werde mir in den nächsten Tagen den
Spaß machen Ihnen zu antworten. Was Herr Judt über das jüdische Volk
geschrieben hat, können Sie übrigens viel besser, ausführlicher und genauer
bei Prof. Shlomo Sand nachlesen, der in seinem Buch „Wann und wie wurde das
jüdische Volk erfunden“ darauf eine sehr einfache, logische,
wissenschaftliche und überzeugende Antwort gibt. Vielleicht sollten Sie ein
solches Buch lesen, bevor Sie sich in diese Debatte einmischen.

Sie wiederholen ja aufs Wort alle Stereotypen der israelischen Propaganda
und beharren darauf weiter blind zu sein und dämliche Thesen zu vertreten.

Mit Ihnen und ihresgleichen kann man nur Mitleid haben. Sie helfen den Staat
Israel zu zerstören und um das zu bewirken braucht es nicht einen
Ahmadinedshad. Er genügen Lieberman, Netanjahu, Barack, Mofaz und Zippi
Livneh, eben die ganze Baggage, die nicht gelernt hat von den Fehlern der
letzten Jahre und weiter diese Politik des Krieges, des Hasses, des Raubes
und der Tötens betreibt.

Das wird sich rächen.

Und, Herr Prof. Dr., wenn Herr Judt schreibt, dass es das „Jüdische“ nicht
gibt, dann meint er das „Jüdische“ und nicht, wie sie es falsch wiedergeben,
das „Judentum“. Das Judentum ist die jüdische Lehre und die gibt es und die
will auch Herr Judt nicht ignorieren. Es wäre nur schön und gut, wenn die
Juden sich auch nach dieser Lehre richten würden.

Schließlich genau dazu eine Aussage von Martin Buber, den Leute wie Sie
heute auch als Antisemiten diffamieren würden:

Wir sind ein „Licht für die Völker“.

„Nur eine innere Revolution kann die Kraft haben, unser Volk von seiner
mörderischen Krankheit grundlosen Hasses zu heilen. Sie wird zwangsläufig
unseren vollständigen Untergang hervorrufen. Dann erst werden die Alten wie
die Jungen in unserem Land erkennen, wie groß ihre Verantwortung für das
Elend der arabischen Flüchtlinge ist, in deren Städten wir Juden angesiedelt
haben, die von weit her gebracht wurden; deren Häuser wir geerbt haben, auf
deren Feldern wir jetzt sähen und ernten; deren Früchte aus Gärten und von
Weinbergen wir einsammeln; und in deren Städten, die wir geraubt haben, wir
Häuser der Erziehung, wohltätiger Einrichtungen und des Gebets errichten,
während wir herumreden und davon faseln, dass wir „das Volk des Buches“ und
„das Licht der Völker“ seien.“ Martin Buber, 1952

Diese Worte von Martin Buber, die er vor mehr als einem halben Jahrhundert
geschrieben hat, sind heute aktueller denn je. David Ben-Gurion wollte
nichts davon wissen und Benjamin Netanjahu erst recht nicht. Für die Broders
( und SPME-ler ) dieser Welt ist Buber ein jüdischer Selbsthasser und
folglich auch ein Antisemit. Wäre die Welt und vor allem Israel nur voll mit
solchen Antisemiten, dann hätte man den Nahostkonflikt schon längst lösen
können.

Mit freundlichen Grüßen
XYZ

2. Man muss heute nicht ein Antisemit sein, um Israel zu kritisieren

Sehr geehrter Herr Schumann,
heute Nacht ist mir klar geworden, dass Ihr Schreiben noch unerträglicher,
perfider und widerlicher ist, als ich anfangs dachte. Obwohl Sie Judt
zitieren, leider auch bewusst falsch, kann ich mich des Eindrucks nicht
erwehren, dass Sie Judt´s Beitrag nicht gelesen haben und wenn ja, dann
nicht verstanden haben.

Judt kritisiert Israels Politik und nicht Israel und Sie reagieren sofort
wie der pawlowsche Hund mit der Diffamierung: Antisemit. Das ist für uns
inzwischen nicht mehr kränklich, sondern eher eine Auszeichnung. Es beweist
uns, dass wir wieder die richtige Stelle bei Ihnen und Ihrer Freunde
getroffen haben und Sie reagieren automatisch richtig. Sie haben keine
sachlichen Argumente, Sie können nichts entkräften, deshalb gehen Sie aufs
Ganze und versuchen Judt und uns alle zu disqualifizieren, indem Sie uns als
Antisemiten hinstellen. Das ist aber inzwischen nur noch lächerlich. So sehr
Judt kritisch war, so ist sein Beitrag moderat, sachlich und inhaltlich
korrekt, im Vergleich zu vielen leidenschaftlicheren Kritiken, die
tagtäglich in Israel erscheinen, von Nurit Peled-Elchanan, deren Sohn von
sog. palästinensischen Terroristen getötet wurde, von Gideon Levy, Uri
Avnery, Amira Hass, Shulamit Aloni, Avraham Burg, Jossi Sarid, letztere
ehemalige prominente israelische Politiker, und vielen mehr. Sie aber wollen
das nicht hören. Sie wiederholen sich in Plattheiten, die unerträglich und
peinlich sind, weil sie so dumm und primitiv sind.

Sie wollen Wissenschaftler sein und sind nur eine unbedeutende Stimme, die
besser bei ihrem Leisten geblieben wäre. Schon die Tatsache, dass Sie
„gerade in Deutschland“ solche Kritik nicht hören wollen, zeigt doch wes
Geistes Kind Sie sind. Und Ihre Behauptung, dass ein deutsches Gericht
kürzlich festgestellt hat, dass es sehr wohl jüdischen Antisemitismus gibt,
zeigt doch, dass Sie nicht wissen wovon Sie schreiben. Es war ***********
gegen den Großmaul Henryk M. Broder. Der Richter hat lediglich festgestellt,
dass Henryk M. Broder nach deutschem Recht und Gesetz sogar behaupten darf,
dass es jüdischen Antisemitismus gibt. Unser Grundgesetzt schütz die
Meinungsfreiheit aller Menschen, auch wenn sie dummes Zeug von sich geben.
Das Gericht hat sich allerdings ausdrücklich davon distanziert in dieser
Frage irgendeine Aussage zu machen. Und wenn Sie nur ein wenig Ihren
gesunden Menschenverstand anstrengen würden, dann müssten Sie von selbst
darauf kommen, dass kein Gericht so was feststellen kann.

Auch ihre Art zu zitieren lässt viel zu wünschen übrig. Sie zitieren Judt
„…dass Antisemiten im Fernsehen sehen, wie Israel im Gazastreifen
Palästinenser bombardiert…“ So hat es aber Judt nicht geschrieben. Wo bleibt
denn Ihre wissenschaftliche Korrektheit? Und die moderne Molekularbiologie
hat mitnichten belegt, dass ein jüdisches Volk existiert. Sie meinen
wahrscheinlich die zionistische Molekularbiologie, aber was man von dieser
halten kann und muss, das können Sie bei Prof. Shlomo Sand nachlesen. Das
Problem ist nicht, dass es „Mischehen“ gab, sondern, dass ganze Völker zum
Judentum konvertiert sind, wie zB Berber in Nordafrika, Chasaren in
Zentralasien, Jemeniten in Arabien. Aus diesen drei verschiedenen Ethnien
und aus vielen Konvertiten in Europa besteht das jüdische Volk und alle
Versuche des Zionismus eine direkte Linie zu König David (wenn es ihn
überhaupt gab) und Salomon und den Hasmoneär zu bilden, sind von Archäologen
und Historiker, übrigens israelischen Archäologen und Historiker, längst ad
absurdum geführt worden. Aber davon wollen Sie nichts wissen.

Zusammengefasst finde ich Ihren Protest lächerlich und für uns Juden
peinlich. Es ist nicht alles Antisemitismus, was Israel kritisiert. Man muss
heute nicht ein Antisemit sein, um Israel zu kritisieren. Israels beste
Freunde sind heute Antisemiten und Faschisten wie Le Pen in Frankreich, wie
Berlusconi in Italien und weitere faschistische Parteien, die sich als
Freunde Israels geben, ganz besonders diese unerträglichen „Christen für
Israel“ und „Antideutschen“, die mich an die Nazis erinnern.

Ich bin der Meinung, Sie sollten sich bei Herrn Judt entschuldigen. Ich bin
bereit Ihre Entschuldigung in ***** abzudrucken.

Mit freundlichen Grüßen
XYZ

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