Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

26.11.2009 14:40 +Feedback
Denke ich an Deutschland, denke ich zuerst einmal an meine Eltern, die nur zwölf Jahre nach dem Ende des Krieges Polen verlassen haben und über Wien nach Köln gezogen sind. Nicht als Botschafter guten Willens, nicht um den Deutschen die Hand zur Versöhnung zu reichen, sondern um dem Kommunismus mit allen seinen Miesigkeiten zu entkommen, vom Antisemitismus bis zu den Zahnschmerzen, die ohne lokale Betäubung behandelt werden mussten, weil es die dazu nötigen Mittel nicht oder nur auf dem Schwarzmarkt gab. Sie haben mich davor bewahrt, in einem Land aufzuwachsen, in dem es 40 Jahre lang weder Mozzarella noch Mortadella gab, keine Schokolade von Anthon Berg, keinen Hanns Dieter Hüsch und keinen Oswalt Kolle, keinen Wolfgang Neuss und keinen Fritz Teufel, der mit seinem legendären Satz „Wenn es der Wahrheitsfindung nützt“ das...
[Weiterlesen…]25.11.2009 08:41 +Feedback
Ich hab da mal eine Idee, wie man das soziale Klima und die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik schlagartig verbessern und nebenbei den Nahostkonflikt lösen könnte.
Millionen von Indern leben in Slums. Ohne Wasser, ohne Strom, ohne sanitäre Anlagen, in Holzverschlägen und Wellblechhütten. Weil wir ein paar Filme aus Indien gesehen haben („Slumdog Millionaire“), meinen wir zu wissen, wie es in den Slums aussieht. Wir wissen gar nichts. So wie wir keine Ahnung haben, wie es auf dem Mond aussieht, obwohl wir die vielen NASA-Satellitenbilder gesehen haben.
Meine Idee basiert auf den „Reality-Shows“, die im deutschen Fernsehen laufen, z.B. „Dschungelcamp“. Es sind natürlich nur bedingt „Reality-Shows“, denn die Teilnehmer sind Promis der C,D und E-Klasse wie Peter Bond, Julia Siegel und Nico Schwanz, die nur...
[Weiterlesen…]24.11.2009 20:25 +Feedback
Die Fahrt von Pune nach Mumbai dauert etwa drei Stunden. Eine Stunde, um aus Pune rauszukommen, eine Stunde für die Fahrt übers Land, eine Stunde, um nach Mumbai reinzukommen. Man fährt über eine Passtrasse, zuerst rauf und dann runter. Eine Bergrallye in den Pyrenäen ist dagegen eine Übung für Rollstuhlfahrer. Die Strasse ist extrem kurvig und eng, die Fahrer lassen es krachen. Janjeev hat seine eigene Technik. Statt zu bremsen, wenn ein Laster vor ihm auftaucht, gibt er Gas, fährt dicht auf, hupt und schaltet das Fernlicht an; etwa einen halben Meter vor dem feindlichen Objekt zieht er nach links oder rechts rüber, genau in die Lücke zwischen dem Laster vor ihm und dem Laster hinter ihm.
Ich sage „Matka boska czestochowska“ und schwöre, dass ich an das Grab des Rabbi von Bratzlav pilgern werde, wenn ich diese Fahrt...
[Weiterlesen…]22.11.2009 14:41 +Feedback
Wenn man wissen will, was Elend ist, muss man sich die Slums in Indien ansehen. Wobei die ihren brutalen Charme vor allem dort entfalten, wo gleich nebenan Luxusanlagen gebaut werden, die “Garden Royale” oder “King’s Palace” heissen. Und was den Besucher aus dem von sozialer Kälte geschüttelten Deutschland am meisten überrascht: Die Reichen stören sich nicht an den Armen, die Armen nicht an den Reichen. Wenn ein VW Phaeton vor einem “sozialen Brennpunkt” parkt, kann der Fahrer davon ausgehen, dass er seinen Wagen unbeschädigt wieder findet, was in Friedrichshain nicht unbedingt der Fall wäre. Was soziale Koexistenz angeht, sind uns die Inder um mehrere Sari-Längen voraus. Dafür gibt keine regelmäßigen “Armutsberichte”, die von arbeitslosen Soziologen erarbeitet werden, keine “Gleichstellungbeauftragten” und keine...
[Weiterlesen…]22.11.2009 10:56 +Feedback
Der venezolanische Präsident Hugo Chavez bewundert den in Frankreich wegen vielfachen Mordes einsitzenden Terroristen Carlos: “They accuse him of being a terrorist, but Carlos really was a revolutionary fighter,” Chavez said during a televised speech to socialist politicians from various countries, who applauded. http://www.wadinet.de/blog/?p=2326
Die deutsche Salon-Kommunistin und Bundestagsabgeordnete der LINKEN, Sahra Wagenknecht, bewundert ihrerseits den venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez, über dessen Regime sie in einem Interview gesagt hat, die EU könnte in Sachen Demokratie einiges von Venezuela lernen. http://www.amerika21.de/nachrichten/inhalt/2009/jan/venez-wagenknecht/ Noch Anfang dieses Jahres schrieb sie, es sei Chavez gelungen, die Demokratie in Venezuela auszubauen:...
20.11.2009 19:08 +Feedback
Die Studentenrevolte war eine Mischung aus “Rebellion und Wahn” (Peter Schneider), die sexuelle Anarchie ein “Märchen”, das von der “Spaßgerilja” verbreitet wurde: “Dies heißt nun nicht: Wenn wir den ganzen Tag vögeln, dass dann alle Probleme gelöst wärn. Die Vögel sagen wahrscheinlich ‘menscheln’ dazu. Die Teufeln vielleicht ‘engeln’ und die Engel ‘teufeln’” (Fritz Teufel). http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,662397,00.html
19.11.2009 19:19 +Feedback
Wie wir wissen, spielt sich im Gaza-Streifen eine “humanitäre Katastrophe” nach der anderen ab. Die Menschen haben nicht genug zu essen und zu trinken, es mangelt an Medikamenten, so dass sogar Viagra von Ägypten aus geschmuggelt werden muss, zusammen mit japanischen Motorrädern und koreanischen Computern. Das Wenige, das die Menschen erübrigen können, legen sie zusammen, um auf dem Schwarzmarkt Material für die selbst gebastelten Kassam-Raketen zu kaufen, mit denen sie ihre Friedensbotschaften nach Israel verschicken. Nun aber soll alles anders werden: “Ein israelischer Soldat” sei der Hamas “1,4 Millionen Dollar” wert, berichtet der Zürcher Tagesanzeiger. http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Ein-israelischer-Soldat-fuer-14-Millionen-Dollar/story/13355744 Das Kopfgeld hat sich die Hamas vom Munde abgespart....
[Weiterlesen…]19.11.2009 15:50 +Feedback
Man gewöhnt sich an allem, auch an dem Dativ, haben wir früher in Köln gesagt, ohne zu wissen, dass es sich um ein altes Sprichwort aus Westfalen handelt. So geht es uns auch in Pune. Wenn in unserem Ashram der Strom ausfällt, was jeden Tag zwei- bis dreimal passiert, freuen wir uns, dass das Wasser fliesst. Gibt es kein Wasser, freuen wir uns, dass wir die Ventilatoren einschalten können. Gibt es Wasser und Strom, sind wir wunschlos glücklich. Woran wir uns allerdings schwer gewöhnen, das sind die Preise in Indien. Natürlich rechnen wir alles in Euro um, wie es alle Deutsche im Ausland tun, egal ob sie Finnland oder Kasachstan bereisen. Eine 30-min-Fahrt quer durch die Stadt mit einer Motor-Rikscha (richtige Taxis gibt es nicht), kostet 100.- Rupien, das sind 1.50 Euro. “The Times of India” (vergleichbar mit der FAZ) kostet 20.-...
[Weiterlesen…]Seite 162 von 629 Seiten « Erste < 160 161 162 163 164 > Letzte »
© Copyright Henryk M. Broder | Impressum