Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

02.02.2002   12:06   +Feedback

Warten auf den Weltkrieg

Oder: Was von der uneingeschränkten Solidarität übrig blieb

Wenn es etwas gibt, auf das man sich mit letzter Sicherheit verlassen kann, dann ist es der deutsche Katastrophismus. Alles, was schief gehen kann, muss schief gehen, damit sich die apokalyptischen Sehnsüchte erfüllen. Bleibt die Katastrophe wider Erwarten aus, kommt es zu einem schweren Katzenjammer, der nur von der Aussicht auf das nächste Unheil geheilt wird. Als ich im Sommer 199o nach Berlin kam, war die Mauer schon gefallen, aber die DDR gab es noch. Der “Beitritt” der DDR zur Bundesrepublik war beschlossene Sache, nur noch nicht

vollzogen. “Es wird eine Katastrophe werden,” raunten gute Freunde und überlegten, wohin sie auswandern wollten, Hauptsache weit weg, nach Australien oder Südafrika, denn die Toskana oder das Kleinwalsertal waren keine sicheren...

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30.01.2002   12:04   +Feedback

Alaaf, Helau und Holocaust!

Es kann kein Zufall sein, dass der Höhepunkt der narrischen Saison - oder wie man im Rheinland sagt: der fünften Jahreszeit - auch in diesem Jahr mit dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus - Holocaustgedenktag - zusammenfällt. Kurz vor Rosenmontag, wenn die Humormaschine voll aufgedreht wird, feuern auch die Holocauster aus allen Rohren.


V.l.n.r.: Rafael Seligman, Iris Berben, Manfred Lemm und Jalda Rebling beim närrischen Treiben

Bei der Konrad Adenauer Stiftung fand auch in diesem Jahr der traditionelle “DenkTag” statt, zu dem “mehr als 23o Schülerinnen und Schüler” aus der halben Bundesrepublik eingeladen wurden, die sich über eine Klassenfahrt in die Hauptstadt bestimmt sehr gefreut haben, obwohl sie “jüdische Einrichtungen und Gedenkstätten” besichtigen mussten. Dazu gab es ein “Kulturprogramm” mit...

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20.01.2002   12:06   +Feedback

USA-Tagebuch

Nation im Alarm-Zustand USA-Tagebuch Winter 2001/02

Die Gaudiburschen aus dem Norden

Die Tage sind kurz in Reykjavik, die Nächte lang, man hat viel Zeit für Kultur und andere wichtige Dinge. Deswegen fangen die Konzerte der Studmenn nie vor Mitternacht an und hören selten vor fünf Uhr früh auf. Im Sommer spielen sie oft im Freien, im Winter meist im “Broadway”, dem Ballsaal des Hotels Island.


Kult auf der Insel: Die isländische Band Studmenn (Foto: Henryk M. Broder)

Studmenn bedeutet, frei übersetzt, so viel wie “Gaudiburschen”. Und so hört sich auch die Musik an: Ein kräftiger Rock, der nicht von Elfen und Trollen, sondern von Wikingern gespielt wird. “Musikalisch liegen wir irgendwo zwischen den Mothers of Invention von Frank Zappa und der Bonzo Dog Doo Da Band”, sagt Jakob Friman Magnusson, der die Gruppe 1972 auf dem...

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20.01.2002   12:06   +Feedback

USA-Tagebuch

Nation im Alarm-Zustand USA-Tagebuch Winter 2001/02

Play it again, Woody!

Er ist es! Er ist es wirklich! Klein, schmächtig, mit einem zerknitterten Gesicht hinter einer großen Hornbrille, durch die er hilflos in die Welt schaut. Jeden Montag tritt Woody Allen mit seiner Klarinette im Carlyle Café auf.

Klein, schmächtig und zerknittert: Er ist es (Foto: Henryk M. Broder)

Ich habe mal in einem Café neben Susan Sarandon gesessen und sie nicht erkannt, weil sie ganz anders aussah, aber Woody Allen sieht wirklich aus wie Woody Allen. Da sitzt er auf der kleinen Bühne im Café Carlyle und hält sich an seiner Klarinette fest. Wenn er spielt, bewegt er seinen Oberkörper auf und ab und dreht den Kopf hin und her. Wenn die anderen Musiker dran sind, sitzt er unbeweglich da, den Kopf gesenkt, und wirkt, als würde er dösen. Dann wacht...

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20.01.2002   12:06   +Feedback

USA-Tagebuch

Nation im Alarm-Zustand USA-Tagebuch Winter 2001/02

Im Schatten der Nicht-Türme

Was immer in der Welt passiert, Art Spiegelman bleibt ein Kettenraucher. Kaum ist er mit einer Zigarette fertig, zündet er sich die nächste an. “Seit dem 11. September bin ich noch mehr ‘skitterish’ als vorher”, sagt er und nimmt einen tiefen Lungenzug.

Es gibt, wie immer, good News und bad News. Die gute Nachricht ist: Sein letzter Comic-Band, den er mit seiner Frau Francoise zusammengestellt hat, ist eben in Deutschland erschienen. Die schlechte Nachricht ist: Art kann nicht deutsch, also sorgt er sich, die Texte zu den Bildern könnten nicht so übersetzt sein, wie er es gerne hätte. Was nicht einfach ist. Wie würde zum Beispiel “skitterish” auf Deutsch heißen? Nervös, unruhig, fahrig?

Art Spiegelman mit dem von ihm gestalteten “New Yorker”-Cover...

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20.01.2002   12:06   +Feedback

USA-Tagebuch

Nation im Alarm-Zustand USA-Tagebuch Winter 2001/02

An Neujahr geht der Rabbi baden

Der Himmel über Brighton Beach ist knallblau, die Sonne scheint und es weht ein eisiger Wind. Das ideale Wetter, um das neue Jahr mit einem alten Brauch zu beginnen. Die Mitglieder des Polar Bear Club gehen, wie jedes Jahr am 1. Januar, im Meer baden, wer es länger als drei Minuten im Wasser aushält, bekommt eine Urkunde.

“Ich bin seit mehr als 30 Jahren dabei!”, ruft ein weißhaariger Mann, der älteste unter den aktiven Polarbären. Zu einer roten Badehose trägt er weiße Turnschuhe, weiße Socken und ein weites Unterhemd, auf dem Kopf eine seidene Kipa und um den Hals eine kurze Kette mit einem dicken Davidstern. Rabbi Abraham Abraham aus Brooklyn. Wahrscheinlich ist er kein richtiger Rabbi ist, sondern der fünfte der vier Musketiere, aber alle...

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20.01.2002   12:06   +Feedback

USA-Tagebuch

Nation im Alarm-Zustand USA-Tagebuch Winter 2001/02

Ein Jahr Bush “Ich staunte über meine eigene Reaktion”

Von der Terrasse ihres Appartements im 27. Stock sieht man auf halb Manhattan. Es ist der gleiche Blick, den man aus Woody Allens Filmen kennt: Kulisse einer großen Stadt. Auch die Wohnung kommt einem vertraut vor, als wäre “Hannah und ihre Schwestern” hier gedreht worden, die gleiche Ansammlung von Kunst und Kitsch, verteilt auf sehr viel Raum. Erica Jong wohnt standesgemäß. Sie hat 21 Bücher geschrieben, berühmt wurde sie mit einem Frühwerk, “Fear of Flying”, 1973 erschienen; damals gab es noch keine schreibenden “girlies” und wenn eine Frau “fuck you” sagte, ging sie sofort unter oder kam groß heraus. 1995 veröffentlichte sie “Fear of Fifty” (in der deutschen Fassung: “Keine Angst vor Fünfzig”), inzwischen hat sich auch...

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USA-Tagebuch

Nation im Alarm-Zustand USA-Tagebuch Winter 2001/02

Annäherung an “Ground Zero”

Eigentlich finde ich Katastrophentourismus ziemlich ekelhaft. Aber wenn ich schon mal in New York bin, dann will ich auch zum Ground Zero. Also fahren wir mit der Green Line bis zur Canal Street, gehen ein paar Blocks zu Fuß und machen erst mal Pause im Sun Hop Shing Tea House in der Mott Street. Dort, sagt Stephan, werden Dim Sum wie im alten China serviert.

Es reicht, dass uns der Wind eisig um die Ohren weht, warum sollen wir auch noch hungrig durch die Kälte laufen.

Eine Stunde später und ordentlich abgefüllt, machen wir uns wieder auf den Weg, vorbei an der neuen und der alten City Hall, die gerade für die Amtseinführung des neuen Bürgermeisters Michael Bloomberg geschmückt wird. “Gleich sind wir da”, sagt Stephan, der schon ein paar Mal Gäste...

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