Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

12.07.2000   13:04   +Feedback

Fahren und Ficken

Kaum ist das Genom-Projekt vollendet, wird die Natur des Menschen transparent wie ein Stück Butterbrotpapier. Eine psychologische Studie an der Universität Exeter in Großbritannien hat den Zusammenhang zwischen Autofahren und Sexualverhalten untersucht und heraus gefunden, daß es einen gibt. Wer sich am Steuer ruppig und rücksichtslos verhält, tut es auch im Bett, schlechte Autofahrer sind auch schlechte Liebhaber - so der wissenschaftliche Kern der Untersuchung.

Bis jetzt war uns nur klar, daß man vom Kaufverhalten (Shoppen und Ficken) und vom Benehmen am Tisch (Essen und Ficken) auf eine sexuelle Disposition schließen kann. Wer sich im Sommerschlußverkauf an Grabbeltischen balgt und wer seine Pizza nicht kaut, sondern verschlingt, der kommt auch beim Sex gleich zur Sache und will fertig werden, bevor die Sportschau anfängt. Was die Verbindung zwischen Mensch und Auto angeht, hatten wir einen anderen Verdacht. Jedesmal, wenn wir an einem Sonntagnachmittag an einer Autowaschanlage vorbeifahren und die vielen Männer sehen, wie sie liebevoll ihre Autos einseifen, polieren und trocken wischen, fragen wir uns, ob sie mit ihren zu Hause sitzenden Frauen ebenso zärtlich umgehen. Natürlich nicht, denn dann wären sie daheim und nicht in der Autowaschanlage, wo sie sich auf das Ende des Wochenendes freuen.

Die Untersuchung aus Exeter, die den kleinen methodischen Nachteil hat, daß sie sich nur mit Männern beschäftigt, bringt uns einen Schritt weiter. Nun können wir einen “Punktekatalog” aufstellen, der uns hilft, vom Offensichtlichen auf das Verborgene zu schließen. Automatisch suspekt sind Männer, die mit breiten Reifen und Heckspoilern unterwegs sind, also der Grundausstattung nachhelfen wollen. Notorische Spurwechsler sind nicht verdächtig, sondern der Neigung zu promiskem Verhalten so gut wie überführt. Raser und Fahrer, die kurz vor einer roten Ampel noch in den 5. Gang schalten, leiden mit ziemlicher Sicherheit an ejaculatio praecox. Und Jungs, die sich eine Disko in ihren Polo eingebaut haben und damit durch die Gegend rollen, wollen nicht reden - weder davor, noch danach und schon gar nicht mittendrin.

Darüber hinaus kann die Studie beim praktischen Umgang mit rücksichtslosen Fahrern nützlich sein. Drängelt sich einer vor oder schneidet er die Vorfahrt ab, sollte man ihm nicht zurufen, ob er blind oder bescheuert ist, sondern höflich fragen: “Wann haben Sie Ihrer Frau zum letzten Mal einen ordentlichen Orgasmus appliziert?” Und sowohl der deutsche Autofahrergruß wie der beliebte Stinkefinger sind geradezu zärtliche Gesten verglichen mit dem aufgestellten kleinen Finger, wenn man einem Rüpel am Steuer symbolträchtig klar machen will, wo sein Problem liegt.

Frauen werden es fortan leicht haben, abzuschätzen, wer und was auf sie zukommt. Ein, zwei Proberunden um den Block können spätere Enttäuschungen verhindern. Wie bei einer richtigen Probefahrt mit einem gebrauchten Auto.

12.7.2000

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