Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

01.05.2005   13:03   +Feedback

“Ich habe Sie soeben online angezeigt!”

Das Letzte

Sie sind überall. In der U-Bahn, bei Kentucky Fried Chicken, im Copy-Shop, bei Starbucks, im Hallenbad - Menschen, die alles nur keine Antisemiten und keine Rassisten sein wollen. Und deswegen müssen sie immer betonen, dass sie keine Antisemiten und keine Rassisten sind. Damit sie nicht missverstanden werden, wenn sie wie Antisemiten und Rassisten reden. - Auf einen Text, der sich nur mit Bush und den Reaktionen auf Bush beschäftigte, bekam ich einen Brief von einem Leser, der mir gleich im dritten Satz versicherte, er wäre kein Antisemit. Darauf entwickelte sich der folgende Briefwechsel, der ziemlich prototypisch ist. Und der nebenbei klar macht, dass in der PISA-Republik Deutschland nicht die Schüler, sondern die Lehrer das Problem sind.

Herr Broder! Zum wiederholten Male bereiten Sie Informationshäppchen missverständlich dar (Bush spricht von Freiheit und seine bösen Gegner glauben ihm nicht - dabei meint er es bestimmt total ernst), um die Gutmenschen (interessanterweise Ihr Lieblingsschimpfwort neben Friedensfreunde) als naive Narren darzustellen. Wäre man zynisch, würde man Ihnen einen kleinen Aufenthalt in Guanantamo Bay wünschen, wo Sie einige der Schlechtmenschen, die Sie hier verteidigen, von ihrer freiheitliebendsten Seite kennen lernen würden. Ach ja, bevor jetzt der übliche Kritik-Reflex bei Ihnen einsetzt: Ich bin kein Antisemit und hege keine Sympathien für palästinensische Attentäter. Ich finde einfach Ihre Ansichten und die Art und Weise, wie Sie sie darbieten, peinlich - Ihr Jüdischsein ist mir ziemlich schnuppe. Wahrscheinlich bin ich einfach nur einer dieser bemitleidenswert naiven Gutmenschen, die nicht einsehen wollen, dass der Sturz von Hussein zig Tausende Tote wert war. Natürlich profitiere ich davon, dass andere an meiner Stelle kämpfen. Das allerdings habe ich mit einem gewissen Schreibtischstrategen namens Broder gemeinsam…

“Ihr Jüdischsein ist mir ziemlich schnuppe.” genau. deswegen müssen sie auch darauf eingehen.

Herr Broder! Ich gehe präventiv darauf an, weil sie in vielen Ihrer Essays und polemischen Entgegnungen reflexartig bei Kritikern Ihrer Argumente Antisemitismus wittern. Und Präventivschläge und -kriege finden Sie doch ganz in Ordnung, oder nicht? Also noch einmal fürs Protokoll: Dass Sie jüdisch sind, ist mir piepegal. (Was Sie wahrscheinlich nicht davon abhalten wird, mich für antisemitisch zu halten. Na, wenn es Ihnen hilft…) Es geht mir um Ihre Argumentationen, die ich grauslich finde. Dass Sie jemanden wie Bush, der eindeutig undemokratisch ist und die Menschenrechte mit Füßen tritt, verteidigen. Wie gesagt: Vielleicht sollten Sie als Gutmenschen- und Friedensfreunde-Gegner zwei Wochen Urlaub in Guantanamo Bay machen, um Bushs Vorstellung von Freiheit so richtig auszukosten. - Ansonsten zeigt Ihre schwache Reaktion, dass der Polemiker es nicht gut abkann, wenn man ihn mit seiner eigenen Methode konfrontiert. Das verletzt die Eitelkeit.

sie sind eben ein präventiver Antisemit.

Sie hören von meinem Anwalt, Herr Broder. Diese Äußerung erfüllt den Tatbestand der Beleidigung. Herr Broder, ich habe Sie soeben online wegen Beleidigung angezeigt. Wenn Sie sich für Ihre Bemerkung entschuldigen, werde ich die Anzeige zurückziehen. Ich bin kein Antisemit. Ich bin ein Spiegel-Leser, der Ihre Aussagen und Ihren Ton kritisiert. Meine Emails waren scharf formuliert, jedoch habe ich Sie nicht beleidigt. Was ich geschrieben habe, lässt keinerlei Rückschlüsse auf Antisemitismus bei mir zu. Ich habe im Gegenteil mehrfach darauf hingewiesen, dass es mir um Ihre Argumente geht und nicht um Ihre Religionszugehörigkeit. Die ist mir tatsächlich wurscht. NPD und DVU kotzen mich an, im Unterricht nehme ich die “Ermittlung” von Peter Weiss durch und Gedichte von Celan, ich verstehe die Reaktionen Israels auf den palästinensischen Terror (wenn ich auch nicht alle diese Reaktionen gutheiße), und meine Haare sind auch noch alle auf meinem Kopf. Es ist traurig, dass Sie auf Kritik nicht mit Argumenten antworten, sondern mit Beleidigungen. Ich bitte Sie auch in Ihrem Interesse, sich für Ihre unbedachte und übereilte Äußerung zu entschuldigen.

ein Pauker! ich wusste es!

Herr Broder! Sie machen es nicht besser. Sie werfen mir Vorurteile in der denkbar schlimmsten Form vor, nämlich Antisemitismus, und zeigen nun selber Vorurteile. Ich bin tatsächlich Lehrer, stellen Sie sich das vor. Einer von denen, die immer Recht haben (ganz anders als Journalisten), die nur halbtags arbeiten (leider bin ich an einer Ganztagsschule), die ihr vieles Geld in den Ferien in Italien verprassen (leider bereite ich die halben Ferien Unterricht vor oder korrigiere). So ein typischer Pauker, wie Sie es schon vorher wussten. Herr Broder, ich erwarte weiterhin in Ihrem eigenen Interesse eine Entschuldigung von Ihnen. Sie können nicht einfach Menschen, die Sie kritisieren und von denen Sie sonst überhaupt nichts wissen, als Antisemiten beschimpfen. Ich habe immer wieder Schüler, die türkischstämmig sind oder deren Vater und Mutter Afrikaner sind, und einige dieser Schüler schreien bei jeder Kritik: “Sie sind ja rassistisch.” Ihre Reaktion auf meine Mails kommt mir vor wie die Reaktion dieser Schüler. Ich behandle diese Schüler wie alle anderen auch: Verdienen Sie Kritik, kritisiere ich sie, wollen Sie über die Kritik diskutieren, diskutiere ich mit ihnen, jedoch diskutiere ich nicht über die relativ belanglose Tatsache, dass sie Samir oder Promise heißen statt Cordula und Peter. Da Sie nicht über Ihre kritisierbare Kritik an den “Friedensfreunden” diskutieren wollen, sondern Beleidigungen (“präventiver Antisemit”) und wenig intelligente Pauschalvorurteile gegen Lehrer loslassen (“Ein Pauker! Ich wusste es! ” - Was würden Sie wohl aufschreien, wenn jemand schriebe: “Ein Jude! Ich wusste es!”), diskutiere ich nun auch nicht mehr mit Ihnen. Die Anzeige läuft. Die Rechtsprechung ist ziemlich eindeutig. Wir sehen uns vor Gericht. PS Vielleicht verletzt es Sie einfach nur, dass jemand Ihr Jüdischsein nicht besonders interessant findet. Das aber ist kein Antisemitismus (Sie braucht mein Christlichsein auch nicht zu interessieren) und rechtfertigt Ihre Beleidigungen nicht.

ist Pauker auch schon eine Beleidigung? bei wem wollen sie mich jetzt online anzeigen? bei der gew?

Herr Broder! Ich habe Sie bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen angezeigt, da ich in Aachen wohne. Bei der GEW bin ich kein Mitglied. Pauker ist keine Beleidigung, zeigt aber Ihre Neigung zu Vorurteilen, Herr Broder, die Sie mir vorwerfen. Antisemit ist sehr wohl eine Beleidigung bzw. Rufschädigung und dafür bekommen Sie demnächst eine Mail von der Polizei.

haben sie nix zu tun? müssen sie keine Hausaufgaben korrigieren?

Den berühmten jüdischen Humor habe ich anders in Erinnerung. Oops, das war jetzt bestimmt ganz böse antisemitisch, oder?

arme Sau. denkt immer nur an das eine. ich nehme das “präventiver” zurück.

Alles klar. Die Anzeige wird erweitert So, das ist mein letzter Versuch, diesen Streit gütlich beizulegen. Herr Broder, ich kritisiere Ihre Ansichten in Ihrem Essay (und einer Reihe anderer Essays). Und es hat mich öfter gestört, dass Sie sehr schnell mit dem Antisemitismusvorwurf sind, wenn etwa Friedman kritisiert wird oder man Israels Verhalten den Palästinensern gegenüber nicht gutheißt. Daher meine Bemerkung in meiner ersten Mail. Ich kann aber verstehen, dass Sie an diesem Punkt sehr sensibilisiert sind und daher auf meine Replik scharf reagierten. Ich bin kein Antisemit und habe in keinster Weise Interesse daran, Sie auf Ihr Jüdischsein zu reduzieren. Wie gesagt, ob jemand Jude ist oder Christ oder Hindu oder karierte Haut hat, ist mir herzlich egal. Ich kritisiere Ihre Ansichten zu Bush und finde Ihre Haltung den “Gutmenschen” gegenüber unangemessen, nicht mehr und nicht weniger. So, falls ich Sie gekränkt haben sollte, tut es mir Leid. Jedoch kann ich es nicht tolerieren, dass Sie mich einen Antisemiten genannt haben. Ich bin es schlicht und einfach nicht. Diese Bemerkung stand Ihnen nicht zu. Nehmen Sie sie einfach zurück und ich ziehe die Anzeige zurück. Dann können wir über die Sache diskutieren oder es sein lassen.

Schade, fing grad an, Spaß zu machen. können sie bald alles online nachlesen.

Herr Broder, die Veröffentlichung privater Mails ohne Einwilligung des Verfassers ist verboten. Die Veröffentlichung meiner privaten Emails an Sie untersage ich Ihnen hiermit. Wenn Sie dennoch irgendeine Mail von mir ohne meine Erlaubnis publizieren, belange ich Sie. Die Anzeige gegen Sie wegen Beleidigung habe ich gerade bei der Polizei in NRW online erweitert. Zur Veröffentlichungen von Briefen führt der BGH(45) aus: Jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts ist, und zwar auch dann, wenn der Festlegungsform eine Urheberschutzfähigkeit nicht zugebilligt werden kann, Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers. Daraus folgt, dass grundsätzlich dem Verfasser allein die Befugnis zusteht, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form seine Aufzeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden; denn jeder unter Namensnennung erfolgenden Veröffentlichung von Aufzeichnungen eines noch lebenden Menschen wird von der Allgemeinheit mit Recht eine entsprechende Willensrichtung des Verfassers entnommen. Die Fassung der Aufzeichnungen und die Art ihrer Bekanntgabe unterliegt der Kritik und Wertung der öffentlichen Meinung, die aus diesen Umständen Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Verfassers zieht. Während eine ungenehmigte Veröffentlichung privater Aufzeichnungen - in der Regel - einen unzulässigen Eingriff in die jedem Menschen geschützte Geheimsphäre darstellt, verletzt eine veränderte Wiedergabe der Aufzeichnungen die persönlichkeitsrechtliche Eigensphäre des Verfassers deshalb, weil solche vom Verfasser nicht gebilligten Änderungen ein falsches Persönlichkeitsbild vermitteln können. Unzulässig sind im allgemeinen nicht nur vom Verfasser nicht genehmigte Streichungen wesentlicher Teile seiner Aufzeichnungen, sondern auch Zusätze, durch die seine nur für bestimmte Zwecke zur Veröffentlichung freigegebenen Aufzeichnungen eine andere Färbung oder Tendenz erhalten, als er sie durch die von ihm gewählte Fassung und die Art der von ihm erlaubten Veröffentlichung zum Ausdruck gebracht hat. Wie gesagt: Ich untersage Ihnen jede Art der Veröffentlichung meiner Mails, ob ganz oder in Auszügen. Sie halten sich besser daran.

nur noch ein wenig geduld! wird ihnen ihr eigener Stuss doch peinlich?

Herr Broder! Ich wiederhole es zum drittenmal: Ich untersage Ihnen jedwede Veröffentlichung meiner privaten Mails an sie. Diese Mails sind mein Eigentum, sie sind über meinen privaten Account zu Ihnen geschickt worden, damit haben Sie keinerlei Rechte an ihnen. Es liegt an Ihnen, ob Sie eine Klage riskieren wollen, neben den beiden Anzeigen, die bereits laufen. Ansonsten scheinen Sie unbelehrbar zu sein, das zeigt Ihr beleidigender Ton. Sie haben sich mit dem Falschen angelegt.

Bullet

Peters / Broder

Sehr geehrter Herr Broder,

in obiger Angelegenheit vertrete ich Herrn Robert Peters. Grund meiner Beauftragung sind die Ihrerseits per E-Mail ausgesprochenen Beleidigungen gegenüber meinem Mandanten und die Veröffentlichungen privater E-Mails im Internet. Sie bezeichnen sich selbst als Journalist und als Mitglied in einem Publizistischen Verband. Ihre Internetseite kann daher kaum als privat angesehen und bezeichnet werden. Durch die vorab untersagte und dementsprechend offensichtlich gegen den Willen meines Mandanten erfolgte Veröffentlichung werden Rechte meines Mandanten verletzt. Ich muß Sie daher hiermit auffordern, die Veröffentlichung rückgängig zu machen und diese in Zukunft zu unterlassen. Für das Entfernen der E-Mails muß ich Ihnen hiermit eine Frist bis zum

28.02.05

setzen. Nach Ablauf der Frist werde ich meinem Mandanten ansonsten raten müssen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Mit freundlichen Grüßen Dr. Dirk Brust Rechtsanwalt

Bullet

alaaf und helau nach aachen! (oder wohin auch immer)

da kann ja jeder kommen und forderungen stellen. vor kurzem bekam ich sogar eine mail von “pamela anderson”. wie wäre es, falls sie wirklich ein anwalt und kein trittbrettfahrer sind, mit einer vollmacht ihres angeblichen mandanten? und woher wollen sie wissen, daß ihr mandant der verfasser der briefe ist? finden sie irgendwo im kontext einen namen oder hinweis auf seine identität? gibt es in ganz aachen nur einen pauker, der eine intelligenz-freie zone ist? könnte es nicht sein, daß da ein wichtigtuer die texte auf meiner website gelesen hat und nun behauptet, sie seien von ihm?

im übrigen könnte ihnen ein blick auf meine website klarheit verschaffen. “selber schuld, wenn sie mir schreiben”. ihr angeblicher mandant hat mir keine privaten- sondern leserbriefe geschrieben.

leserbriefe werden in der absicht geschrieben, veröffentlicht zu werden. von einer verletzung der rechte ihres “mandanten” kann keine rede sein, eher schon von einer zumutung für die leser. da ich ihren angeblichen mandanten nicht kenne und keinen privaten umgang mit ihm unterhalte, sind auch briefe, die er an mich richtet, nicht privater natur. verstanden? sitzenmachen!

falls es diesen mandanten tatsächlich gibt und falls er wirklich ein lehrer sein sollte, könnte er ihnen bei der abfassung ihrer briefe helfen. “Grund meiner Beauftragung sind…” ist wirklich eine sprachliche glanzleistung. sie haben sich den pisa-orden in form einer aachener printe verdient.

mit besten empfehlungen

Broder Bullet

Herr Broder,

gerade fand ich auf meinem Schreibtisch die Kopie der Mail meines Anwalts an Sie betreffs meiner Klage gegen Sie. Vielleicht interessiert es Sie, warum ich das nicht weiter verfolgt habe. Relativ einfach: Mir fiel auf, dass, wer sich zu lange mit einem Esel beschäftigt, schließlich selber zu solch einem wird. Der Kontakt mit Ihnen hat mich schon zu der Eselei verleitet, Sie ernstzunehmen. Also, i-ahen Sie fröhlich weiter als Hofnarr des SPIEGEL. Ach ja, Sie nannten mich ja einen Antisemiten. Um Ihr Vorurteil zu bestätigen (denn ohne bestätigte Vorurteile können Sie ja nicht, Sie armer Mensch), hier eine Bemerkung, die Sie gewiss antisemitisch finden werden: Chaplin schreibt in seiner Autobiographie, dass er gerne Jude gewesen wäre, weil er ein Volk, das Menschen wie Einstein und Buber hervorbrachte, sehr bewunderte. Dieser Ausspruch belegt, das Chaplin guten Geschmack hatte und dass Ihm Ihre Bekanntschaft gottseidank erspart blieb…

Viel Spaß bei der Pflege Ihrer Eselsohren!

Robert Peters

PS Falls Sie mich nun Ihrerseits wegen Beleidigung anzeigen wollen: nach deutschem Recht heben sich gegenseitige Beleidigungen auf und Ihre letzte Schmähung in meine Richtung war ja “intelligenzfreie Zone”. Ach, Sie dummer dummer Mensch…

PPS Das hier dürfen Sie gerne veröffentlichen, am besten mit einem Ihrer brillanten Kommentare. Lesen aber, das werden Sie mir nachsehen, werde ich diese neue Eselei nicht.

PPS Mailen Sie mir einfach nicht, Ihre Mails landen bei mir direkt im Fach Junk. Da gehören Esel auch hin.

1.5.2005

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