Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

14.09.2001   13:03   +Feedback

Der Mega-Schmock der Woche: Mathias Bröckers, Kamikaze-Flieger der taz

Mathias Bröckers

Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Während in N.Y. noch mindestens 4.7oo Menschen vermisst und Leichenteile aus den Trümmern gezogen werden, meldet sich in der taz Mathias Bröckers zu Wort, um “verschwörungstheoretische anmerkungen zu einem terroranschlag” zu verbreiten. Sein Beitrag steht auf der Seite “die wahrheit” und deswegen von vorneherein im Verdacht, satirisch gemeint zu sein. Das wäre ein mutiges Vorhaben, denn in diesen Tagen hat es sogar Harald Schmidt die Sprache verschlagen, er schweigt. Mathias Bröckers aber schweigt nicht. Und er schreibt keine Satire, er meint es ernst. Er verweist auf Zusammenhänge und Interessenlagen, die nur einer erkennen kann, der über ein Wissen verfügt, das ihm einen gewaltigen Erkenntnisvorsprung sichert.

“Während das Pulverfass im Nahen Osten seit einem Jahr zündelt und die Local Trade Center in Palästina nach und nach von Raketen zerlegt werden,” räsonniert Brückers, “wundert sich Rockefeller-Mann Bush jetzt, dass verzweifelte Kamikaze-Krieger zurückschlagen?” Wie tief muss die Verzweiflung der Kamikaze-Flieger über den Verlust der Local Trade Center in Palästina sein, dass sie gleich über 2oo Flugpassagiere und einige Tausend New Yorker mit in den Tod nehmen? Bröckers weiß es, auch er würde sich gerne als Kamikaze-Kämpfer in ein Hochhaus stürzen, wenn er nicht so schreckliche Flugangst hätte. Deswegen bleibt er im “Sale e Tabacchi” sitzen und arbeitet an seinem eigenen Absturz in spekulative Abgründe.

“Als Bush die Nachricht in einer Schule erreicht, bleibt er merkwürdig ungerührt. Vielleicht, weil die ‘Schurken’ den verabredeten Zeitpunkt eingehalten hatten: vor neun Uhr sind im WTC keine wichtigen Banker, sondern nur das ‘Fußvolk’ ist anwesend. Ob es tatsächlich ein Motiv für das Unvorstellbare, eine inszenierte Katastrophe wie in Pearl Harbour gibt, werden die nächsten Aktionen der Weltordnungsmacht zeigen.”

So lange wird man nicht warten müssen, um zu erkennen, dass Mathias Bröckers ein kranker Kopf ist, dem nicht zu helfen ist, nicht einmal mit dem Verweis, dass er im globalen Wettbewerb um die originellste Verschwörungstheorie ziemlich weit vorne liegt, etwa auf Platz drei. Vor ihm laufen nur noch die Autoren der Protokolle der Weisen von Zion und die Psychos aus dem Umfeld von David Irving, die fest davon überzeugt sind, dass die Juden den Holocaust herbeigeführt haben, um hinterher Entschädigung von den Deutschen kassieren zu können. Es ist schön, dass ein taz-Autor zu dieser Spitzengruppe gehört. Die politische Paranoia ist eine viel zu ernste Angelegenheit, als dass man sie den Jungs von der Nationalzeitung und Horst Mahler überlassen könnte. Brückers wird sich sicher bald mit weiteren Theorien wieder zu Wort melden. Es sei denn, dass er eines Tages in das falsche Flugzeug steigt und als Fettfleck an einer Hochhauswand endet.

HMB, Berlin, 14.9.2oo1

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