Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

26.02.2002   12:03   +Feedback

Der Schmock der Woche: Iris Berben

Witz der Woche

Seit der Schweizer Botschafter in Berlin mit dem Orden wider den tierischen Ernst ausgezeichnet wurde, wird das Personal für Ordensverleihungen langsam knapp. Jetzt kommen Kandidaten aus der Etappe zum Einsatz, die bislang bei AIDS- und UNICEF-Galas rumwirbelten und hinterher in der Gala und der Bunten befragt wurden, wie viel sie gespendet hatten. Anfang März wird Sabine Christiansen zum Ritter der

Französischen Ehrenlegion geschlagen. Sie kann einen Dom Perignon von einem Veuve Clicquot unterscheiden und besucht häufig die Paris-Bar in der Kantstraße, wo sich die Ritter der frankophilen Lebensart gerne treffen. Das reicht allemal, um in den 18o2 von Napoleon gestifteten Club aufgenommen zu werden. Ritter Sabine wird zu der Feier ihren Knecht Udo mitnehmen, der seit langem darüber wacht, dass ihr kein Haar gekrümmt wird und dafür demnächst den Grimme-Preis für besondere Leistungen im Grenzbereich des Machbaren bekommen soll. Vorher aber muss noch Iris Berben geehrt werden, die seit Jahrzehnten in Schönheit und Würde alt wird, ohne dass es ihr etwas ausmacht. Sie bekommt den Leo-Baeck-Preis des Zentralrates der Juden in Deutschland für ihr “Engagement im christlich-jüdischen und deutsch-israelischen Dialog” beziehungsweise für ihr “aktives Engagement gegen Rassismus, Antisemitismus und Neonazismus in der Gegenwart.” Leo Baeck war ein Philosoph und Rabbiner, Vorsitzender der Reichsvertretung der deutschen Juden nach 1933, Mitglied des Ältestenrates in Theresienstadt, wohin er 1943 deportiert wurde, eine tragische Gestalt der deutsch-jüdischen Geschichte. Offenbar hat Iris Berben einiges mit dem großen Gelehrten gemeinsam. Ihr Beitrag zum christlich-jüdischen und deutsch-israelischen Dialog besteht darin, dass sie seit vielen Jahren mit einem Israeli zusammen lebt, ihr aktives Engagement gegen Rassismus, Antisemitismus und Neonazismus kommt darin zum Ausdruck, dass sie jeden Aufruf gegen Rassismus, Antisemitismus und Neonazismus eigenhändig unterschreibt und zwischendurch erklärt, sie würde zum Judentum übertreten, wenn die Existenz Israels gefährdet wäre - eine Drohung, die offenbar bis jetzt gewirkt und die Araber davon abgehalten hat, Israel von der Landkarte zu wischen. So viel Engagement zwischen zwei Werbespots für schleimlösende Hustentabletten und einem Auftritt in der Treptower Arena bei den Vagina-Monologen muss natürlich belohnt werden. Inoffiziell hört man aus den Kreisen des Zentralrates, dass die Herren maßlos von jenem Spot für “Premiere World” angetan waren, in dem Iris Berben mit Slip zu sehen war, und seitdem nur nach einem Anlass suchten, sie in natura und ganz aus der Nähe zu erleben. Jetzt geht der Wunsch in Erfüllung. Die Laudatio auf die große Kämpferin gegen Rassismus, Antisemitismus und Neonazismus wird wahrscheinlich Michel Friedman halten, wie Iris Berben auch er ein großer Kämpfer gegen alles, was den einfachen Menschen Spaß macht, und ebenfalls ein prominentes Mitglied der gesamtdeutschen Bussi- und Pussy-Gesellschaft, in der sinnlose Umtriebigkeit und Party-Hopping bereits als Engagement gelten. Jetzt heißt es, die Nerven behalten und engagiert bleiben. Weitere Kandidaten stehen bereit, Orden und Auszeichnungen anzunehmen: Wolfgang Joop zum Beispiel wäre ein prima Anwärter für den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Naddel wartet nur darauf, von amnesty international gehuldigt zu werden. Und Uschi Glas würde sich schon über eine Aufmerksamkeit von der deutschen Vegetarier-Union riesig freuen. Es muss nicht immer ein ganzer Ritter sein. Eine kleine Ritter-Sport tut es auch.

26.02.2002

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