Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

03.03.2002   12:05   +Feedback

Freiheit für Slobo!

Zum Balkan bitte…

An der Uni München gibt es einen AStA, und im AStA gibt es auch ein “Antifaschismus-Referat.” Weil der Kampf gegen Hitler und die Seinen umso heftiger geführt wird, je länger das Dritte Reich tot ist, haben die Antifaschisten vom Antifaschismus-Referat der Uni München alle Hände voll zu tun. Wenn sie sich nicht grade auf dem Oktoberfest voll laufen lassen (“Saufen gegen Rechts”), treten die Mitarbeiter des Referats jeden Tag zwischen acht und neun Uhr morgens zum Dienst an, um gegen den Faschismus zu kämpfen. Eine schwere Aufgabe, die den Einsatz aller Kräfte verlangt. Und so hat das Antifaschismus-Referat des AStA der Uni München eine Postkarte auf den Markt gebracht, die so witzig ist, dass sie von Klaus Staeck sein könnte. Wir sehen einen Mercedes (vermutlich der S-Klasse), am Steuer sitzt Joschka Fischer, neben ihm sitzen Wilhelm II. und Hitler. Alle drei sind unterwegs zum Balkan. Soll heißen: Fischer bringt einen Job zu Ende, den die beiden anderen nicht vollendet haben. Da lacht der Pazifist, dass die Reifen quietschen und die Antifa-Kasper freuen sich, einen Super-Gag produziert haben. Nun rekrutiert sich die organisierte deutsche Antifa ohnehin aus Leuten, die zu spät geboren wurden, um bei der SS oder SA mitmachen zu können. Doch statt die Gnade der späten Geburt zu genießen, ziehen sie sich Bomberjacken an und demonstrieren gegen den “Faschismus,” um wenigstens so dem Gegenstand ihrer unerfüllten Sehnsucht näher zu kommen. Besser ein zertrümmertes Hakenkreuz als Aufnäher auf dem Ärmel als gar keins. Die Referenten des Antifaschismus-Referats an der Uni München marschieren nicht allein. Es gibt inzwischen auch ein Internationales Komitee für die Verteidigung von Slobodan Milosevic, das unter dem Motto “Freiheit für Slobodan Milosevic! Hände weg von Jugoslawien!” nichts weniger fordert als “die sofortige Haftentlassung von Slobodan Milosevic und seine unverzügliche sichere Rückkehr nach Jugoslawien,” ersatzweise seine Überstellung an das Antifaschismus-Referat des AStA der Uni München, wo er als Berater und Ideengeber für weitere Postkartenaktionen wirken könnte. Angehörige des Milosevic-Komitees trafen sich am letzten Wochenende im Rathaus Schöneberg, um auf Einladung der PDS weitere Aktionen zu beraten. Im Rathaus Schöneberg hat früher Willy Brandt regiert, das war zu jener Zeit, als die PDS noch SED hieß und nichts dagegen hatte, dass an der Mauer Menschen wie Hasen abgeschossen wurden. Jetzt regiert die PDS in Berlin mit, und deswegen darf sie auch im Rathaus Schöneberg zur Verteidigung eines Mannes aufrufen, der im dringenden Verdacht steht, einen kleinen Völkermord organisiert zu haben. Sprecher der “Deutschen Sektion” des Internationalen Komitees für die Verteidigung von Slobodan Milosevic ist der Präsident der Union der Freidenker, Klaus Hartmann, zu den Gründungsmitgliedern gehören der Bundessprecher VVN-Bund der Antifaschisten, Peter Gingold und der ehemalige Botschafter der DDR in Jugoslawien, Ralph Hartmann; im näheren Umfeld tummeln sich die üblichen Verdächtigen: Rolf Becker (Charaktercharge), Prof. Wolf-Dieter Narr (der Name ist Programm), Käthe Reichel (Knallcharge), Willi Sitte (Staatsmaler), Gerhard Zwerenz (dirty old man). Es gibt Gerüchte, dass demnächst auch Peter Handke (wunschlos unglücklich) dem Komitee beitreten möchte. Nicht einmal Milosevic hat solche Freunde verdient. Falls ihn das Haager Tribunal von der Anklage des Völkermordes freispricht, wird er umgehend die sofortige Liquidation des Komitees anordnen. Und dann wird es keine Unschuldigen erwischen.

HMB, 3.3.2oo2

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