Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

03.10.2002   13:03   +Feedback

Der Schmock der Woche

Peter Sloterdijk, Latenight-Philosoph

Philosoph ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Jeder kann sich Philosoph nennen, ebenso wie Moderator, Wahrsager und Stauhelfer. Auch Julian Nida-Rümelin ist ein Philosoph, wenn auch einer, dem es vor allem auf seine Beamtenrente ankommt. Der Prototyp des neuen deutschen Philosophen aber ist Peter Sloterdijk, der neben seinem Job als Rektor der Karlsruher Hochschule für Gestaltung im ZDF “Das Philosophische Quartett

moderiert - die Latenight-Alternative zum “Kaffeeklatsch” mit Ralph Morgenstern, bei der sich vier meist schwarz gekleidete Männer die existenzialistisch Bällchen zuwerfen. Würde man Morgenstern ins “Philosophische Quartett” berufen und Sloterdijk zum “Kaffeeklatsch” versetzen, wäre auch Morgenstern ein Philosoph und Sloterdijk endlich in seinem wahren Element. Denn was Hera Lind für die Literatur, Helmut Lotti für die Musik und Boris Becker für die Mode, das ist Peter Sloterdijk für die Philosophie: die Veredelung des Banalen durch die Anhäufung von Banalitäten. Das klingt dann so: “Seit dem 11. September 2oo1 hat sich die westliche Welt in ein großes Labor autoplastischer Suggestion verwandelt, in dem das Modellieren mit plastischem Material zu einer Massenbeschäftigung geworden ist. Gegen diese Hysteriezumutungen hilft meiner Meinung nach nur ein Stück nachgereichter Kaltblütigkeit.” Während die halbe Welt hysterisch bastelt, bleibt einer cool wie ein Metzgerhund. Auf die Frage “Der 11. September läßt sie heute so kalt wie vor einem Jahr?” gibt er knurrend zu Protokoll: “Ich gehöre Gott sei Dank einer Gruppe von Menschen an, die mit dem 11. September seit jeher den Geburtstag Theodor W. Adornos verbunden haben, und halte an der Einschätzung fest, dass diese Assoziation unter kulturgeschichtlichen Gesichtspunkten weiterhin die wichtigere bleibt. Im Übrigen gibt es nach dem 11. September immer auch einen 12., an dem das autohypnotische Schaumwerk wieder in sich zusammenfällt.” Unter kulturgeschichtlichen Gesichtspunkten wäre nur dann eine andere Einschätzung des 11. September möglich, wenn Sloterdijk an diesem Tag seine Philosopheneier um die Ohren geflogen wären. Weil aber nur drei Tausend Menschen auf einen Schlag umgekommen sind, hält sich der Schaden in Grenzen, bleibt der Geburtstag Adornos die wichtigere Assoziation. Und Sloterdijk ein autohypnotischer Schaumschläger, dessen Werk in sich zusammenfallen wird, sobald Ralph Morgenstern mit seinen “Kaffeeklatsch” ins ZDF-Abendprogramm kommt. Was aber bleibt, das ist der Schmock der Woche für eine ästhetische und intellektuelle Zumutung: Sloterdijk, Peter, ein doitscher Filosof.

HMB, 3.1o.2oo2

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