Sie haben das Recht zu schweigen. Henryk M. Broders Sparring-Arena

Henryk M. Broder

08.12.2003   12:06   +Feedback

Achtung, irre Tiefflieger unterwegs!

D A S   L E T Z T E

Man kann den Deutschen alles wegnehmen, ihre D-Mark, ihre Pendler-Pauschale, ihre Eigenheimzulage, sogar Berti Vogts. Sie lassen sich alles gefallen. Böse werden sie nur, wenn man ihnen ihre Helden mies macht.

Auf meine kleine, harmlose Geschichte über die besten unter den schlimmsten Deutschen ehrenhalber, die im Berliner Tagesspiegel und auf dieser Website erschien, habe ich eine Unzahl dummdreister Zuschriften bekommen. Dabei wollte ich einmal nett sein und habe absichtlich keine richtigen Deutschen genommen, weil mir das ewige German-Bashing auf die Nerven geht. Ich wählte fünf ausgesuchte Schleimbeutel aus, die alle aus dem Ausland kommen: Michael Moore, Peter Eisenman, Avi Primor, Andre Rieu und Peter Ustinov. Es gab ein Aufjaulen, als hätte ich einen Pudel über heiße Kohlen gehetzt.

Zwei Zuschriften waren besonders bemerkenswert. Die eine artikulierte die alte deutsche Psychopathologie, die andere die neue deutsche Chuzpe. Marlis und Helmut Voigt aus Berlin schrieben an den Tagesspiegel, neben allerlei wirrem Zeug, sie hätten mich »kürzlich in Reihnsberg erlebt, mit 3 S-Klasse Limousinen und 6 Mann Polizei in Zivil, bezahlt von unserem Steuergeld durch die Lande reisen«. Daran ist so viel wahr wie an meinem letzten Besuch beim Wiener Opernball an der Seite von Antje Vollmer, aber Herr Voigt bestand in einem Telefonat mit dem zuständigen Redakteur des Tagesspiegel, es könnte keinen Zweifel geben, ich wäre es gewesen, unterwegs mit 3 S-Klasse-Limousinen und 6 Mann Polizei in Zivil.

Da sitzen also zwei Piefkes in ihrem miefigen Wohnzimmer, sehen meinen Namen im Tagesspiegel, kriegen einen dicken Hals und denken sich was aus. Egal, wen sie »kürzlich in Reihnsberg« gesehen haben, mit der Rechtschreibung und der Zeichensetzung haut es nicht hin, aber mit den Halluzinationen klappt es schon prima. Leider hat der TS den Leserbrief nicht gedruckt, er wäre für mein Image gut gewesen.

Der andere Freak, der seine Meinung nicht für sich behalten konnte, ist ein promovierter Wichtigtuer bei einer berühmten Firma, die gerade dabei ist, sich von ihrer Vergangenheit zu rehabilitieren: Dr. Martin Ebner, Divisional Marketing Officer bei der Degussa Construction Chemicals GmbH in der Dr. Albert-Frank-Straße 32 in 83 3o8 Trostberg Germany. Der sandte eine e-mail an den Tagesspiegel, unter voller Angabe seiner Firmenadresse, seiner Telefon-, Fax- und Mobil-Nummer. »Nach seiner eigenen Definition müsste Henryk M. Broder der Beste Deutsche sein! Er ist nicht bekannt, er ist nicht geliebt und seine Artikel sind nur Müll!!!«

Für einen, der promoviert hat, sind drei Fehler in nur zwei Zeilen keine schlechte Leistung. Noch besser aber ist die Gemüts- und Tonlage. Da sitzt Dr. Martin Ebner im tiefsten Bayern bei der Degussa, liest den Tagesspiegel, sieht einen Text von mir, und plötzlich sprudelt es aus ihm heraus: »Müll« mit drei Ausrufezeichen!!! Davon versteht er was, als Degussa-Offizier. Und ist besonders qualifiziert, sich über die beste Art der Entsorgung Gedanken zu machen. Nicht mehr im Auftrag, aber immer noch mit dem Namen der Degussa.

HMB, 8.12.03

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